Hintergrund
In den deutschen Medien wird viel über Afghanistan berichtet; insbesondere die Beteiligung deutscher Soldaten und Soldatinnen an der ISAF-Mission ist ein aktuelles Thema. Leider wird selten auf die Bildungsproblematiken oder auf die Bildungschancen in diesem vom Krieg versehrten Land eingegangen. Afghanistan ist ein sehr junges Land, knapp die Hälfte der Bevölkerung ist jünger als 15 Jahre. Dies allein zeigt, wie wichtig eine gute Bildungssituation für Afghanistan ist, denn diese jungen Menschen werden in wenigen Jahren das Land formen und gestalten. Damit dies erfolgreich geschehen kann, ist eine solide und fachlich fundierte Ausbildung unabdingbar.
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Bildungssituation
Die Bildungssituation in Afghanistan ist derzeit sehr schlecht; die Analphabetenrate ist mit ca. 70 Prozent im internationalen Vergleich sehr hoch. Dies ist insbesondere im Hinblick auf die bildungspolitische Geschichte Afghanistans erstaunlich. Bereits 1904 öffnete die erste säkularisierte Schule nach westlichem Vorbild ihre Tore. 1932 wurde die erste Universität in Kabul gegründet. Insbesondere in den größeren Städten Afghanistans wie Kabul und Herat erreichte das Bildungswesen Ende der sechziger Jahre mit der Gründung zahlreicher Schulen und der gleichberechtigten Teilnahme von Frauen und Männern an Vorlesungen seinen vorläufigen Höhepunkt. Mit dem Sturz des Königs Zahir Schah 1973, der Ausrufung der Republik, dem beginnendem Bürgerkrieg und der russischen Invasion im Jahr 1979 flohen viele Intellektuelle in Nachbarländer oder starben im Krieg. Sowohl die Zerstörung der Infrastruktur als auch die Erosion der Staatlichkeit beschleunigten den Prozess des Zerfalls des Bildungswesens. Auch das aufgezwängte russische Bildungssystems führte zu einem Rückgang der Einschreibungen an Schulen und Universitäten und trug zu einer weiteren Entfernung der Afghanen von ihrem einstigem Bildungspotential bei. Mit der Machtergreifung der Taliban im Jahr 1996 wurde es Frauen verboten, die Schule zu besuchen. Bildung wurde fortan hauptsächlich von Koranschulen, sogenannten Madrassen, bereitgestellt und beschränkte sich auf die Lehre des Korans und einfache Lese-, Schreib- und Rechenkenntnisse. Die Bildungssituation hat sich seit dem Sturz der Taliban 2001 substantiell verbessert. Momentan sind circa 7 Millionen Schüler in den afghanischen Schulen eingeschrieben, 37 % davon sind Mädchen.
Ein Vielvölkerstaat
Afghanistan ist ein multiethnischer und vielsprachiger Staat. Es werden circa 49 verschiedene Sprachen gesprochen. Die beiden großen Landessprachen Dari und Paschtu sind als offizielle Amtssprachen anerkannt. Die Paschtunen sind die größte ethnische Gruppe in Afghanistan und machen etwa 42 % der Bevölkerung aus, gefolgt von den Tadschiken, welche 27% der Bevölkerung repräsentiert. Es gibt weitere große ethnische Gruppen wie beispielsweise die Aimaken, Turkmenen, Hazara, Usbeken oder auch das Nomadenvolk der Kuchi. Diese ethnische Vielfalt ist auch von der willkürlichen Grenzziehung der englischen Kolonialisierung bedingt; beispielsweise wird durch die Durand-Linie zwischen Afghanistan und Pakistan das Siedlungsgebiet der Paschtunen geteilt.
Gesellschaft
Das Fehlen einer intellektuellen Elite und eines nur schwach ausgeprägten Bürgertums in Afghanistan führt zu einem Mangel an qualifiziertem Nachwuchs in Afghanistan. Doch nur mit gut ausgebildeten und effizienten Strukturen und erfolgreichen Unternehmen kann wirtschaftlicher Fortschritt und eine spürbare Verbesserung der Lage der Menschen erreicht werden. Daher wollen wir die Gestalter von morgen fördern, um nachhaltigen Wohlstand zu ermöglichen.